Anfänge des Parlaments

Anfänge des Parlaments
Anfänge des Parlaments
 
Das englische Parlament geht in seinen Wurzeln auf die lehnsrechtliche Pflicht der Kronvasallen zurück, dem König nicht nur bewaffnete Hilfe zu leisten, sondern ihn auch zu beraten. Diese Pflicht konkretisierte sich bereits in der Zeit der normannischen Könige in der Ratsversammlung (»curia regis«), zu der der König Bischöfe, Äbte und Laienbarone seines Vertrauens hinzuzog. Mit dem Ausbau der königlichen Zentralverwaltung und der damit verbundenen Differenzierung der Aufgabenbereiche trennten sich zunächst die zentralen Gerichtshöfe von der Ratsversammlung. Innerhalb dieses Gremiums wurde nun zwischen einer ständigen und einer von Fall zu Fall tagenden Ratsversammlung, zu der ein erweiterter Personenkreis hinzugezogen wurde (Großer Rat), unterschieden, wobei sich im Laufe des 13. Jahrhunderts für den Großen Rat die Bezeichnung »Parlament« (lateinisch »parlamentum«, Besprechung, Versammlung) herausbildete.
 
War das Parlament zunächst mit dem Großen Rat identisch, so entwickelte es sich doch im Laufe des 13. und 14. Jahrhunderts zu einer eigenständigen Institution mit zusätzlichen Aufgabenbereichen und einem neuen Selbstverständnis. Bereits mit der Magna Charta von 1215 waren dem König Zugeständnisse abgetrotzt worden. Nun zwangen die aufständischen Barone unter Führung Simons von Montfort König Heinrich III., 1264 und 1265 »Parlamente« einzuberufen, die zur Hälfte aus gewählten Vertretern der Barone bestanden und zu denen erstmals neben Kronvasallen auch Vertreter der Grafschaftsritter und der Städte hinzugezogen wurden.
 
Noch weiter ging dann König Eduard I., der in das Parlament von 1295 neben den Kronvasallen auch gewählte Vertreter der Grafschaftsritter, der Städte und des Diözesanklerus berief, die für die von ihnen vertretenen Gemeinschaften sprechen und sie zur Befolgung der gefassten Beschlüsse verpflichten sollten. Dieses von der älteren Forschung als »Model Parliament« bezeichnete Parlament beanspruchte bereits, dem König gegenüber die Gesamtheit des Reiches zu vertreten und bei wichtigen politischen Fragen, etwa bei der Erhebung von Steuern, mitzubestimmen; es hatte jedoch insofern keinen Modellcharakter, als sich die hier praktizierte Repräsentationsform in der Folgezeit nicht durchgesetzt hat.
 
In England kam es vielmehr zu der für das Land charakteristisch gewordenen Ausbildung zweier Repräsentationskörperschaften, des »House of Lords« und des »House of Commons«, Oberhaus und Unterhaus. Während sich die »Lords« aus den vom König persönlich geladenen Prälaten, Earls und Baronen zusammensetzten, die bald eine erbliche »Peerage« bildeten, wuchsen seit 1340 niederadlige Grafschaftsritter, Freibauern und Bürger in der Körperschaft der »Commons« zu einer neuen politischen Interessengemeinschaft zusammen.

Universal-Lexikon. 2012.

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